SPAC-Merger vs. IPO, Private Equity und Corporate Merger
Verfasst von Dr. Michal Dallos
am 7. Juli 2021
SPAC-Merger vs. Alternativen

SPACs („Special Purpose Acquisition Company“) sind börsennotierte Investitionsunternehmen, deren einziger Zweck darin besteht, mit einem operativen Unternehmen zu fusionieren. Ziel dieser sogenannten Business Combination ist es, ein wachstumsstarkes Target-Unternehmen mit Kapital auszustatten und zeitgleich an die Börse zu bringen. Mittels einer Verschmelzung mit dem SPAC (in diesem Fall einem „Reverse-Merger“) entsteht nach der Fusion ein Unternehmen, das die gewünschten Eigenschaften beider Vorgänger in sich vereint: Börsennotierung, operative Geschäftstätigkeit und frisches Wachstumskapital.

Welche Alternativen gibt es zu einem SPAC-Merger?

Aus der Perspektive des Target-Unternehmens wird ein SPAC-Merger mit der klaren Zielsetzung verfolgt, Wachstumskapital zu erhalten – entweder direkt beim Merger von den SPAC-Investoren, oder in weiterer Folge über die Finanzierungsmöglichkeiten der Börse. Wachstumskapital kann man jedoch direkt oder indirekt auch auf anderen Wegen erhalten: über ein IPO, durch den Verkauf des Unternehmens an einen Private Equity Fonds oder durch einen Merger mit einem anderen Unternehmen. In weiterer Folge möchten wir die Unterschiede der jeweiligen Transaktionen bezüglich Dauer, Komplexität & Flexibilität und Genauigkeit der Unternehmensbewertung analysieren. Diese Analyse wird stets aus der Perspektive des Target-Unternehmens vorgenommen.

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SPAC-Transaktionen im Vergleich zu Alternativen

Transaktionsdauer und Kontrolle im finalen Unternehmen

SPAC-Merger

Aus der Target-Perspektive ist die Transaktionsdauer, d.h. vom Erstkontakt bis zum finalen DeSPAC mit typischerweise 4 – 6 Monaten recht kurz. Dies kann man in erster Linie auf die bereits vorhandene Börsennotierung des SPACs zurückführen. Weitere Schritte, wie z.B. die Abstimmung der Konditionen, Due Diligence und Vertragsverhandlungen können bei guter Vorbereitung recht zügig durchgeführt werden.

Bei einer SPAC-Transaktion verbleibt typischerweise die operative Geschäftsführung beim ursprünglichen Management des Targets und die Altgesellschafter des Targets behalten die Mehrheit im finalen Unternehmen (siehe auch unsere Case Study: SPAC-Merger – Aktienverteilung & Kapitalausstattung).

IPO

Die naheliegendste Alternative zum SPAC-Merger ist ein IPO, also ein regulärer Börsengang. Dabei werden die Unternehmensanteile in Form von Aktien an der Börse gelistet und somit handelbar. Meist wird auch mittels einer Neuemission von Aktien frisches Wachstumskapital von Investoren eingesammelt. Börsengänge mittels IPO können 1 bis 1,5 Jahre dauern, da neben der Vorbereitung und Einreichung eines Emissionsprospektes auch eine längere Investoren-Roadshow benötigt wird, wenn Wachstumskapital eingeworben werden soll.

Ähnlich wie bei SPAC-Transaktionen, verbleibt typischerweise die Aktienmehrheit nach einem IPO bei den Altgesellschaftern. Die operative Führung des Unternehmens ändert sich durch ein IPO nicht, vielmehr ist das Managementteam ein wichtiger Bestandteil der IPO-Story.

Verkauf an ein PE-Fonds

Der Verkauf an einen PE-Fonds dauert im Schnitt etwas länger als ein SPAC-Merger, dafür aber deutlich kürzer als ein klassischer IPO. Die meisten Private Equity Fonds sind nur am Erwerb der Mehrheit interessiert, somit geht nach der Transaktion die Kontrolle im Unternehmen an den Fonds über. Auch das operative Management wird nicht selten nach der Transaktion neu besetzt.

Corporate Merger

Die Fusion mit einem anderen operativen Unternehmen ist erfahrungsgemäß sehr zeitaufwändig, da umfangreiche Strategiegespräche, Verhandlungen und Due Diligence durchgeführt werden müssen. Wer die Kontrolle im finalen Unternehmen hat, hängt jeweils von den Größenordnungen der beteiligten Unternehmen ab.


Eignung bei komplexen Geschäftsmodellen

Neuartige oder komplexe Geschäftsmodelle stellen oft einen großen Wettbewerbsvorteil da, jedoch können Sie bei Investoren auf Unverständnis stoßen. Deswegen sollten junge, progressive Unternehmen bei der Auswahl der Investoren drauf achten, dass ihr Geschäftsmodell richtig verstanden wird.

SPAC-Merger

Die Hauptmotivation für die SPAC-Gründung ist die Beteiligung an einem wachstumsstarken Unternehmen mit einem innovativen Geschäftsmodell. Somit schrecken SPACs nicht vor ungewöhnlichen und komplexeren Geschäftsmodellen zurück und sind daher als Investoren für wachstumsstarke Startups geeignet. Die Tatsache, dass Verhandlungen zwischen den Target-Unternehmen und dem SPAC bilateral stattfinden, ermöglicht es, komplexere Sachverhalte detailliert zu erläutern. Ebenso muss man bedenken, dass SPAC-Investoren einen wesentlich tieferen Einblick in das Target erwarten als klassische IPO-Investoren.

IPO

Ein Börsengang mittels IPO ist für neuartige Geschäftsmodelle eher ungeeignet, denn diese sind dem breiteren Investorenpublikum im Rahmen der Road Show schwer vermittelbar. Des Weiteren werden im Börsenprospekt aus Haftungsgründen wenige oder keine Angaben zu den zukünftigen Entwicklungsplänen gemacht. Financial Forecasts sind somit aus dem Börsenprospekt ausgeschlossen – diese sind jedoch für Startups ohne nennenswerte Historie essenziell.

Verkauf an einen PE-Fonds

Ähnlich wie bei einem SPAC-Merger werden Verhandlungen mit einem Private Equity Fonds ebenfalls bilateral geführt. Dies ermöglicht es grundsätzlich, auch den PE-Investoren ein innovatives Geschäftsmodell zu erläutern. Gleichzeitig muss man aber bedenken, dass die meisten Private Equity Fonds eher in etablierte Unternehmen mit einem erprobtem Geschäftsmodell investieren.

Corporate Merger

Auch bei einer Fusion mit einem anderen Unternehmen besteht die Herausforderung, das eigene Geschäftsmodell verständlich kommunizieren zu können. Dies kann je nach Verhandlungspartner eine Herausforderung darstellen.


Unternehmensbewertung und Flexibilität bei der Deal-Struktur

SPAC-Merger

Die gesetzlichen Regelungen rund um SPACs ermöglichen eine flexible Ausgestaltung eines SPAC-Mergers. Wenn z.B. keine Einigkeit über die Unternehmensbewertung erzielt werden kann, ist es möglich, Earn-Out-Regelungen einzusetzen. In diesem Fall erhalten die Altgesellschafter weitere Aktien aus einer Neuemission oder durch Freigabe vom Treuhandkonto erst bei der Erreichung konkreter Kurs-Zielvorgaben (für Beispiele siehe hier). Auch Managementbeteiligungsprogramme sind keine Seltenheit, ebenso die Entlohnung von Dienstleistern durch Aktienpakete.

Durch bilateral geführte Verhandlungen, der bereits besprochenen Offenheit gegenüber neuartigen Geschäftsmodellen und der generellen Flexibilität bei der Vertragsgestaltung ist zu erwarten das die Unternehmensbewertung sachgerechter und tendenziell höher als bei einem IPO ausfällt.

IPO

Im Gegensatz zum SPAC-Merger besteht bei einem Börsengang mittels IPO keine Möglichkeit der nachträglichen Anpassung der Unternehmensbewertung. Vielmehr wir der Emissionspreis erst kurz vor dem Tag des IPOs festgelegt. Der konservative, d.h. eher niedrigere Emissionspreis ist der Tatsache geschuldet, dass der Erfolg einer Emission auch von der vollständigen Platzierung aller Aktien abhängt. Damit kommt es zu einem sogenannten IPO-Pop, d.h. einem plötzlichen Kursanstieg kurzfristig nach dem Börsengang, wodurch die ursprüngliche Unterbewertung des Unternehmens zum Zeitpunkt des IPO zum Ausdruck kommt. Somit sind bei einem IPO die Unternehmen tendenziell niedriger bewertet, und die Altgesellschafter „verzichten“ auf einen Teil des Unternehmenswertes, wenn sie ihre Aktien zum Emissionspreis verkaufen.

Die formellen Anforderungen an ein IPO sind sehr hoch und unterliegen den wachsamen Augen der Börsenaufsichtsbehörden – es gibt wenig Spielraum für flexible Transaktionsstrukturen, z.B. sind Earn-Out-Regelungen vollständig ausgeschlossen.

PE-Fonds und Corporate Merger

Bei Transaktionen mit einem PE-Fonds, wie auch beim Merger mit einem anderen Unternehmen kann die ganze Flexibilität bei der Vertragsgestaltung und der Kaufpreisfindung ausgeschöpft werden.


Prozesskosten und Prozessrisiko

SPAC-Merger

Aus Unternehmensperspektive sind die höchsten Kosten und die größten Risiken beim IPO gegeben (näheres dazu im nächsten Abschnitt). Diese Hürde hat jedoch das SPAC durch die bereits erfolgte Börsenlistung genommen. Aus Target-Perspektive sind die Risiken des Scheiterns auf das Scheitern der Abstimmung bei der Business Combination limitiert. In diesem Fall trägt das Unternehmen nur seine eigenen Kosten der Vorbereitung der Fusion, Strukturierung der Unterlagen für die Due Diligence und der Vertragsverhandlungen. Erst nach einer erfolgreichen Business Combination werden die Prozesskosten mittels Verwässerung auf alle am Prozess beteiligten Parteien umgelegt.

Da alle Verhandlungen weitgehend von der Öffentlichkeit abgeschirmt stattfinden, ist der Reputationsschaden im Falle eines Scheiterns für das Target-Unternehmen eher gering.

IPO

Beim Börsengang mittels IPO trägt das Unternehmen die gesamten IPO-Kosten. Ähnlich verhält es sich mit dem Risiko des Scheiterns, denn nicht selten werden Börsengänge im letzten Augenblick abgesagt. Gründe dafür können beim Unternehmen selbst liegen (z.B. die Nichterreichung gewisser Umsatz- und Ertragsziele), meist werden IPOs jedoch dank eines unvorteilhaften Börsenumfeld abgesagt. In beiden Fällen befürchtet das Unternehmen, das geplante Aktienvolumen gar nicht oder nicht zum gewünschten Kurs platzieren zu können. Da man im Vorfeld des IPO publizitätswirksam Investoren-Road Shows veranstaltet hat, ist der Reputationsschaden im Falle des Scheiterns enorm. Im Vergleich zum SPAC-Merger ist somit der klassische IPO die eher kostspieligere und riskantere Variante des Börsengangs.

Verkauf an ein PE-Fonds und Corporate Merger

Beim Unternehmensverkauf an einen PE-Fonds trägt der Käufer die Kosten die Due Diligence, das Target trägt erstmal nur die eigenen Kosten der Transaktion. Bei einer Fusion zweier Unternehmen trägt jedes Unternehmen die Kosten der eigenen Prüf- und Transaktionsprozesse.

Verhandlungen mit PE-Fonds wie auch zwischen zwei Unternehmen laufen meist diskret, von der Öffentlichkeit unbemerkt ab. Die Berichterstattung über ein eventuelles Scheitern und somit auch ein Reputationsschaden kann daher verhindert werden. 


Fazit: SPAC-Merger vs. Alternativen

SPACs sind ein flexibles und diskretes Instrument für einen Börsengang inkl. Wachstumsfinanzierung. Ähnliche Flexibilität bieten auch Transaktionen mit PE-Fonds oder Corporate Merger, allerdings ohne einen Börsengang.

Aus der Unternehmenssicht ähnelt der Prozess einem klassischen Merger, mit einem wichtigen Unterschied: das Unternehmen muss unmittelbar nach dem SPAC-Merger die Regularien der Börse, an der es gelistet ist, erfüllen. Somit ist eine gewissen Börsenreife bei den Targets eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen SPAC-Merger.

Auch ist die Identifizierung eines geeigneten SPACs, die Kontaktaufnahme und die strukturierte Durchführung der einzelnen Schritte bis hin zu erfolgreichen Vertragsverhandlungen ein komplexer Prozess, der bei den meisten Target-Unternehmen nicht zum Kerngeschäft gehört. Deswegen ist es empfehlenswert, erfahrene M&A-Berater an der Seite zu haben, die bei der Vorbereitung und der Begleitung des Merger-Prozesses die Gesellschafter und das Management unterstützen und deren Interessen beim gesamten Prozess vertreten. Die Partner von ADVISOS Corporate Finance stehen Ihnen für ein unverbindliches Erstgespräch gerne zur Verfügung.